Als Freelancer kommt man um regelmäßige Meetings und Abstimmungsrunden nicht herum – sei es online oder vor Ort. Auch mehrere Anrufe sind meistens an der Tagesordnung. Mal dauern Besprechungen nur wenige Minuten, manchmal deutlich über eine Stunde. Ein Meeting hier, ein Anruf da – da kommt in Summe am Ende ganz schön was zusammen. Irgendwann hat man das Gefühl zwar mehr zu arbeiten, aber weniger zu verdienen. Und nicht selten sitzt man bis spät abends noch an seiner To-Do-Liste, weil man über den Tag einfach nicht alles geschafft hat.
Genau an dem Punkt war auch ich vor einigen Monaten. Ich realisierte, dass mich all die Online-Meetings und Anrufe unfassbar viel Zeit kosteten. Teilweise vier Stunden täglich – also einen halben Arbeitstag – verbrachte ich allein in Videocalls oder am Telefon. In Rechnung stellte ich das zunächst nicht. Gehört doch schließlich zum Service dazu, oder? Herr Müller hat doch nur drei Mal für jeweils zehn Minuten angerufen. Bin ich da nicht kleinlich, wenn ich das in Rechnung stelle?
Ob ich als Freelancer Telefonate in Rechnung stelle, entscheide ich je nach Einzelfall
Ich bin für jeden einzelnen meiner Kunden und ihr Vertrauen in mich und meine Arbeit dankbar. Gerne plaudere ich auch mit Kunden über private Themen. Das stärkt das gegenseitige Vertrauen, die Menschlichkeit und Verbundenheit. Dadurch, dass ich fast ausschließlich aus dem Home Office arbeite, ist es außerdem schön, hin und wieder mit „echten Menschen“ zu sprechen. Telefonate, die sich nach einer kurzen Frage zum Privatgespräch entwickeln und von mir aktiv mitgetragen werden, stelle ich selbstverständlich nicht in Rechnung.
Auch bei langjährigen Kunden, die ihre Rechnung immer schnell und ordentlich bezahlen, sehe ich davon ab, kurze Telefonate in Rechnung zu stellen. Eine Rechnung über ein fünfminütiges Telefonat auszustellen muss nun wirklich nicht sein. Zumal ich bei meiner Arbeit immer im 15-Minuten-Takt abrechne und manchmal auf 15 Minuten aufrunde, obwohl ich zum Beispiel nur 12 Minuten an einer Aufgabe saß. Mit den Anrufen zwischendurch gleicht sich das daher aus.
Anders verhält es sich bei Kunden, die gefühlt zehn Mal am Tag anrufen, alles am liebsten gestern erledigt haben wollen und selbst mit den Rechnungen regelmäßig in Verzug geraten. Man entwickelt irgendwann als Freelancer ein Gespür dafür, ob das Gegenüber respektvoll mit Deiner Zeit umgeht. Das kam zum Glück in all den Jahren, die ich als Freelancer arbeite, nur äußerst selten vor. Aber wenn ich feststelle, dass mein Gegenüber mich mehrmals am Tag anruft, weil er oder sie „nur kurz eine Frage hat“ und sich daraus eine halbstündige Beratung entwickelt, damit er oder sie es am Ende selbst erledigen kann, dann stelle ich diese Zeit auch knallhart in Rechnung. Bisher hat sich zum Glück aber auch noch nie jemand darüber beschwert.
Muss ich meinen Auftraggebern mitteilen, dass ich Meetings und Telefonate in Rechnung stelle?
Um fair und transparent zu bleiben solltest Du Deine Auftraggeber auf jeden Fall vorab informieren, dass Besprechungen und Telefonate nach Deinem üblichen Honorar abgerechnet werden. Ich kommuniziere das direkt, sobald ein Auftraggeber mich beispielsweise um ein längeres Online-Meeting bittet.
Bei neuen Kunden und Projekten schreibe ich außerdem in das Angebot, wie viele Stunden für Besprechungen und Abstimmungsrunden in dem Preis inkludiert sind. Je nach Projektgröße plane ich hier meistens 1-4 Stunden ein. Wird die Zeit überschritten oder sind mehr Meetings erforderlich, werden diese gesondert abgerechnet.
Das Gute daran ist: Seit ich Besprechungen abrechne, hat sich die Anzahl an Meetings und Telefonaten deutlich reduziert. So bleibt mehr Zeit für die effektive Abarbeitung meiner To-Do-Liste.
Dokumentiere die Zeit, die Du für Besprechungen und Telefonate aufbringst!
Mittlerweile habe ich es mir angewöhnt, die Zeit für jedes einzelne Telefonat zu dokumentieren. Egal, ob es nur zwei Minuten oder zwei Stunden waren. Das gibt Dir selbst am Ende einen guten Überblick darüber, wie viel Zeit Du in Summe dafür aufwendest. Du musst ja nicht jede Minute in Rechnung stellen, die Du Dir notierst.
Folgende Notizen mache ich mir dabei:
- Genaue Uhrzeit und das Datum des Telefonats
- Themen, welche in dem Telefonat besprochen wurden
- Dauer des Telefonats oder der Besprechung
- Wer hat wen angerufen?
Hilfreich sind auch Online-Tools, die Freelancern die Zeiterfassung erleichtern. Clockodo und TimeBuzzer sind beispielsweise solche Tools.
Ein Erstgespräch mit einem neuen Kunden zählt als Service und sollte auf jeden Fall kostenlos sein
Ein Erstgespräch mit einem neuen Kunden via Online-Call oder Telefon stelle ich niemals in Rechnung. Immerhin ist ein erstes Kennenlernen auch für mich als Auftragnehmer eine gute Möglichkeit herauszufinden, ob die „Chemie stimmt“. Das Erstgespräch begrenze ich dabei aber auf maximal eine Stunde.
Anders sieht es mit Meetings vor Ort aus. Dank Corona ist für die meisten Auftraggeber heute zum Glück ein Kennenlernen online via Videocall zumindest für den Anfang absolut ausreichend. Sollte Dein potentieller neuer Auftraggeber allerdings auf ein Kennenlernen vor Ort bestehen, musst Du selbst abwägen, ob Du die Anreisekosten und die aufgewendete Zeit in Rechnung stellen möchtest. Hier kommt es zum einen auf die Entfernung an und zum anderen natürlich auch auf den Auftragswert. Möchte ein Kunde eventuell seine Visitenkarten von Dir gestalten lassen und müsstest Du dafür 50km anreisen, wird am Ende nicht mehr viel für Dich übrig bleiben – wenn überhaupt ein Auftrag zustande kommt.
Bei einem größeren Auftragswert kann es hingegen Sinn machen, Deine eigene Zeit und Anreisekosten zu investieren, sofern die Auftragsvergabe vielversprechend klingt und Dich beruflich weiterbringen würde. Andernfalls kannst Du es auch so handhaben: Sollte das Projekt an jemand anderen erteilt werden, stellst Du die Anreisekosten und die aufgewendete Zeit in Rechnung. Wirst Du als Auftragnehmer ausgewählt, kannst Du die Kosten mit dem Auftragswert verrechnen. Das solltest Du aber in jedem Fall vorab auch so kommunizieren!